Rebekka empfiehlt

Graphic Novels – Eine Klasse für sich

Stichworte:

Comic, Graphic Novel,

18. April 2018

Graphic Novels sind der neue „Geile Scheiß“ auf dem Buchmarkt des deutschsprachigen Raums. Während die Franzosen, Italiener und Spanier schon längst die Vorteile von gezeichneten Erwachsenenromanen erkannt haben, hinken Deutschland und Österreich hinterher. Wohl durch die Mangawelle der frühen Nullerjahre ausgelöst entwickelt sich die Graphic Novel aber langsam zum Seller. Woher aber genau kommt denn der Begriff „Graphic Novel“? Der Comiczeichner Will Eisner begründete mit dem Begriff, dass seine Serie „The Spirit“ (erschienen in den 1940er Jahren) sehr wohl Literatur und kein bloßer Schund ist. Mit seiner ersten offiziellen Graphic Novel „Ein Vertrag mit Gott“ prägte er dann den Begriff wie kein anderer. 2018 erscheint dann sein Buch „Comics als erzählende Kunst“ auf Deutsch.

Damit habe ich euch genau gar nicht erklärt, was genau der Begriff „Graphic Novel“ bedeutet. Kann ich auch nicht und ich habe aus meiner Lektüre verschiedener Werke gelernt, dass das niemand so richtig kann. Scott McCloud versucht es zumindest in „Comics richtig lesen“, einer Graphic Novel über Comics.

Grundlegend lässt sich sagen: Alles, was Text und Bild enthält ist Comic, das schließt im weitesten Sinne auch das Bilderbuch mit ein. Die Grenzen werden im Gestalterischen gezogen und verschwimmen je nach Meinung. Hier mehr in die Tiefe zu gehen, würde den Rahmen sprengen, allerdings gibt inzwischen genügend Sekundärliteratur zum Thema, wie „Die Sprache des Comics“ von Ole Frahm oder „Der Comic. Geschichte, Stile, Künstler“ von Klaus Schikowski.

Wenn wir einen ganz einfachen Strich ziehen wollen, sind Graphic Novels Romane in Comicform. Ob diese ernsthaft, biografisch, amüsant oder gehaltvoll sind, hängt vom jeweilige Autor bzw. Schreiber (nicht jeder macht dies in Personalunion) ab.

Ich persönlich bin über den Begriff erst gestolpert, als ich schon einige Graphic Novels gelesen hatte. Erst mit Maus von Art Spiegelmann entdeckte ich diese eigene Klasse der Gattung Buch. Maus selbst ist eine dramatische Geschichte. Art Spiegelmann erzählt die Erlebnisse seines Vaters vor und während des 2. Weltkriegs. Die Nazis sind Katzen, die Mäuse die Juden und das es sich hier nicht um leichte Kost handelt ist spätestens jetzt klar. Am Ende des ersten Teils musste ich einen Tag Pause machen, da er mich so mit genommen hatte.

Weitaus amüsanter kommt da schon der einzige österreichische Comiczeichner, der davon leben kann rüber. Mit Titeln wie „Mein Therapeut ist ein Psycho!“, „Die Goldgruber Chroniken“ oder „Franz Kafkas nonstop Lachmaschine“ bietet Nicolas Mahler intelligenten Humor, abseits der allseits bekannten Cartoons, die schon fast inflationär in den verschiedensten Zeitungen gedruckt werden. Und wenn es doch etwas ernster werden darf, hat Nicolas noch Thomas Bernhards „Alte Meister“ und „Der Weltverbesserer“ oder auch Marcel Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ grafisch umgesetzt.

Weltliteratur als Graphic Novel hat auch Flix verfasst, ein Berliner Künstler, der seine Diplomprüfung als Comic gestaltete und mit Bravour bestand. (Diese ist unter dem Titel „Held“ erschienen und handelt von seinem Leben bis zur Diplomprüfung und darüber hinaus.) Neben FaustDon Quijote und Münchhausen hat er auch „Eine Weihnachtsgeschichte“ von Charles Dickens und Gullivers Reisen zu Papier und Bild gebracht. Seine Zeichnungen scheinen oft simpel und einfach, werden aber mit aktuellerem Datum immer detaillierter und aufwendiger. Mir persönlich gefällt sein Sammelband „Schöne Töchter“ derzeit am Besten. Die Seiten erschienen in den vergangenen Jahren in der FAZ und beschreiben Frauen in Situationen und Frauensituationen. Flix ist Vater einer Tochter und hat vor Kurzem seine FAZ-Serie „Glückskind“ ebenfalls als Sammelband veröffentlicht.

Natürlich könnte ich mich jetzt noch weiter über die wunderbare Vielfalt des Comics bzw. der Graphic Novel auslassen, dazu ist aber auch später noch Zeit. Vielleicht machen wir einmal einen Ausflug zu den oben angesprochenen Franzosen, Italienern und Spaniern?